Dezentrale Applikationen (dApp) & das „echte” dezentrale Internet 

News, 10.05.2024

In Teil vier unserer Serie „Web3 von A bis Z: Eine explorative Serie über das Internet von morgen” widmen wir uns einem der Grundpfeiler des Web3 – Dezentralität. Was bedeutet dieses Konzept in der Umsetzung, welche vollständig dezentralen Anwendungen gibt es bereits heute und kann es wirklich ein neues Internet geben, das anders funktioniert als das, was wir seit Jahrzehnten kennen und nutzen?  

In der Welt der Blockchain-Technologie markieren Smart Contracts einen Wendepunkt im Durchführen von Transaktionen im digitalen Raum, indem sie Vertragsabwicklungen automatisieren und deren Ausführung sicher und transparent gestalten. Diese autonomen Vertragsprotokolle sind das Fundament für zahlreiche innovative Anwendungen, die von Dezentralität geprägt Türen öffnen für die Umgestaltung herkömmlicher Geschäftsabläufe. Eine dieser Anwendungen, die dadurch ermöglicht wird, sind dezentrale Applikationen, kurz „dApps”.  

 

 

Durch die Erweiterung der Technologie mit einem benutzerfreundlichen Frontend, das auf die Smart Contracts zugreift, entsteht das Konzept der dApps, das eine Neuerung in der Nutzung digitaler Dienste darstellt. 

In dApps werden die elementaren Werte und Parameter, anders als bei üblichen Anwendungen, nicht auf einem lokalen Device, sondern auf einer Blockchain gespeichert und verifiziert. Dieses Konzept ist zwar teurer und langsamer als das traditionelle Client-Server-Modell, bietet jedoch mehrere Vorteile: Die Blockchain überprüft ständig die Integrität der gesamten Datenbank. Dadurch sind dApps weniger fehleranfällig, fälschungssicher und es kommt seltener zu Verbindungsabbrüchen. 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dApps zu klassifizieren. Eine der gängigsten Methoden ist die Klassifizierung nach der Art der verwendeten Blockchain: 

  1. DApps, die auf ihrer eigenen Blockchain basieren, wie zum Beispiel Ethereum („Typ 1”) 
  2. DАррs, die zwar auf der Blockchains von Typ-1-Apps laufen, aber ihre eigenen Tokens und Protokolle verwenden („Typ 2”) 
  3. Schließlich gibt es noch dezentrale Anwendungen, die Typ-2-Quellcodes verwenden. Ein Beispiel ist das SAFE-Netzwerk. Es verwendet das Omni-Protokoll (eine Typ-2 dApp-Plattform), gibt jedoch seine eigenen Tokens aus. 

 

 

Eine weitere Möglichkeit, dApps zu klassifizieren, ist nach ihrem Verwendungszweck: 

  1. Finanz-Apps: Diese dApps geben ihren Benutzenden Werkzeuge an die Hand, um ihre Finanzen zu verwalten. Dabei kann es sich sowohl um Fiat- als auch Kryptowährungen handeln. 
  2. Teil-Finanz-Apps: Bei dieser Art geht es nur im entfernten Sinne um Finanzen. Ihr Hauptzweck ist ein anderer. Beispiele hierfür sind Bonus- und Punktesysteme innerhalb von Treueprogrammen. 
  3. Nicht-finanzbasierte Apps: Diese Kategorie hat nichts mit Finanzen zu tun. Hier stehen andere Dienste im Vordergrund. Dazu gehören zum Beispiel dApps zur Personenidentifikation, Umfragen, dezentrale Dateispeicherung, Spiele und vieles mehr. 

Eine der berühmtesten Ethereum-dApps ist das 2017 von Axiom Zen gegründete Spiel CryptoKitties, in dem Nutzende mit dezentral als NFTs gespeicherten digitalen Katzen handeln können. Es wurde im Jahr 2017 sogar so schnell bekannt, dass es die Ethereum-Blockchain zeitweise durch ein zu hohes Transaktionsaufkommen enorm verlangsamte. Auch wenn bei CryptoKitties die Entwickler die NFTs ausgeben, so sind diese dezentral im Besitz der Nutzenden und niemand kann sie einem Nutzenden wegnehmen bzw. transferieren, außer der Nutzende selbst.

Das dezentrale Internet: Internet Computer Protocol (ICP)  

Das Internet Computer Protocol, kurz ICP, ist eine Open-Source Crowd-Computing-Plattform, die 2016 von der gemeinnützigen Organisation DFINITY Foundation ins Leben gerufen wurde. Ziel des Internet Computer Protocol ist es, Herausforderungen des traditionellen Internets durch Dezentralisierung zu lösen, wie z.B.: 

  • Schlechte Systemsicherheit 
  • Monopolisierung von Internetdiensten 
  • Der Missbrauch von privaten Nutzerdaten 

Mit der ICP soll ein modernes Internet aufgebaut werden, das Anwendungen wie die eingangs beschriebenen dApps in jeder Größenordnung hosten kann. Es beschränkt sich jedoch nicht nur auf dApps, sondern bezieht auch branchenübergreifende Plattformen und ganze Unternehmenssysteme ein. Das Projekt will damit nicht nur die Anwendungs- oder Datenspeicherschichten verbessern, sondern die gesamte Infrastruktur des Internets. 

Über vier Jahre Entwicklungszeit wurde der Start des Internet Computers gestaffelt. Die Entwicklungsstufen wurden dabei nach Elementen des Periodensystems benannt. Die erste Stufe war Kupfer, gefolgt von Bronze, Wolfram und Natrium. Die aktuelle und letzte Stufe ist Mercury (Quecksilber). Das Mercury Alpha Mainnet wurde erstmals im Dezember 2020 gestartet und am 07. Mai 2021 vom Mercury Beta Mainnet + Genesis abgelöst. 

Im Jahr 2020 wurden bereits eine der ersten Beispiele für dezentrale Anwendungen auf dem Internet Computer vorgestellt. Die Anwendung ist eine Open-Source-Version von LinkedIn und heißt LinkedUp. Später veröffentlichte das Unternehmen schließlich die dApp CanCan, die mit der beliebten Social-Media-Plattform TikTok vergleichbar ist. Erstaunlicherweise brauchte es zum Schreiben dieser dApp nur 1.000 Zeilen Code. 

Im Gegensatz zu den aktuellen Krypto-Projekten und Plattformen, nutzt das ICP keine Smart Contracts. Die Anwendungen werden stattdessen in sogenannten Canisters erstellt. Canister ähneln Smart Contracts, bieten jedoch größere Flexibilität sowie Entwicklungsmöglichkeiten und sind benutzerfreundlicher. 

Da ein Subnet aus Knoten, den sogenannten „Nodes”, aus verschiedenen Rechenzentren selbst nur aus wenigen Knoten besteht, kann die Internet-Computer-Blockchain Transaktionen in Sekundenschnelle verarbeiten. Dies ermöglicht Verarbeitungszeiten, die mit denen des traditionellen, zentralisierten Internets vergleichbar sind und damit sicherstellen, dass Nutzende von dezentralen Anwendungen nicht auf den gewohnten Komfort von Echtzeit-Interaktionen verzichten müssen. 

Warum steht Dezentralität im Mittelpunkt der Web3-Bewegung?  

Die Web3-Bewegung strebt ein dezentrales Internet an, das Sicherheit, Zensurresistenz und Transparenz gewährleistet. Durch die Loslösung von zentralen Autoritäten werden Datenschutz und Nutzerkontrolle gestärkt. Dies führt zu einem demokratischeren Internet, in dem die Nutzenden aktiv an der Verwaltung und Entwicklung z.B. von dezentralen Anwendungen (dApps) beteiligt sind und so traditionelle Geschäftsmodelle herausfordern und Innovationen vorantreiben. 

Autor*innen

  • Achim Hepp
    Head of Marketing, B1T5.IO, Lableiter Lab Web3
     
  • Andreas Günter
    Senior Consultant Mobile Strategy & Projects, Ströer, Lableiter Lab Immersive Technologies
     
  • Lea Horn
    Principal Consultant, Arvato Systems, stv.
    Vorsitzende der Fokusgruppe Immersive Experiences  

Kontakt

Katharina Jäger
Leiterin Innovation & Technology
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