Web3 von A bis Z: — Eine explorative Serie über das Internet von morgen

News, 18.04.2024

Grundlagen von Web3: Innovationen, Technologien und Chancen eines dezentralen Internets

In unserer zunehmend digitalisierten Welt steht das Konzept Web3 an der Spitze einer revolutionären Bewegung mit dem Ziel, das Internet, wie wir es kennen, grundlegend zu verändern.

In den kommenden Wochen wird die BVDW Fokusgruppe Immersive Experiences eine Artikelserie zum Thema „Web3“ veröffentlichen, welche die Entstehungsgeschichte, die grundlegenden Technologien und die transformative Kraft des Konzepts erläutert. Von der Demokratisierung des Datenbesitzes bis hin zu einer tokenisierten Blockchain-Ökonomie, beleuchten die Artikel die Versprechen und Herausforderungen einer dezentralisierten Zukunft.

Begriffsklärung und Abgrenzung

Der große Hype um Web3 entstand erst Ende 2021 aufgrund der Verwendung des Begriffs im Zusammenhang mit großen Investitionen in neue, zukunftsweisende Technologien und dem Enthusiasmus um die neu entstandenen Blockchains und Tokens. Die Konzepte zum Web3 beschäftigen sich hauptsächlich damit, wer das Internet der Zukunft besitzt und verwaltet. Geprägt ist die Idee von der Eliminierung der großen Intermediären und der Demokratisierung des Internets. Das Web3 verspricht damit nicht weniger, als das existierende World Wide Web von Grund auf zu revolutionieren. Die zentrale technologische Grundlage ist die Blockchain und die damit mögliche Token-Ökonomie.

Gavin Wood, Mitbegründer von Ethereum, prägte 2014 den Begriff Web3 als Sammelbegriff für bestehende und sich gerade entwickelnde Web-Technologien, welche zu der neuen dezentralen Generation des Internets führen sollen. Wood glaubt, dass dezentralisierte Technologien die einzige Hoffnung sind, die liberale Demokratie zu erhalten, weil die Hoheit über Daten und Inhalte im Internet nicht länger bei nur sehr wenigen „Big Tech“ Unternehmen liegt.

Im Gegensatz dazu wird unter Web 3.0 das sog. Semantische Web verstanden. In diesem machen neue Standards zur Veröffentlichung und Nutzung maschinenlesbarer Daten diese zwischen einzelnen Websites noch einfacher austauschbar und für automatische Prozesse besser verwertbar. Das Web 3.0 fokussiert sich also auf Synergien zwischen bislang getrennten Diensten und mehr Convenience für den User.

Entwicklung des Web

Der allgemeine Wunsch nach dieser neuen Ausrichtung des Internets erklärt sich, wenn die bisherigen Erscheinungsformen des World Wide Web und seine jüngsten Entwicklungen betrachtet werden.

  • Nach seiner Erfindung 1989 am Schweizer CERN prägten zunächst statische Webseiten das Internet. Dieses „Web 1.0“ verfügte aufgrund der hohen technologischen Hürden zum Bereitstellen von Inhalten über nur wenige Content Creators, viele davon oft selbst Web-Entwickler.
  • Das änderte sich in der nächsten Evolutionsstufe ab Mitte der Nullerjahre erheblich. Das „Web 2.0“ mit seinen neuen Technologien wie HTML5, CSS3 und JavaScript Frameworks bot Nutzer*innen zahlreiche Möglichkeiten, eigene Inhalte einfach und komfortabel veröffentlichen zu können. Dies führte zu einem rasanten und nie dagewesenen Anstieg an unterschiedlichsten Inhalten in Form von Texten, Bildern und Videos, die von Nutzer*innen v.a. über die neu entstandenen Social-Media-Plattformen geteilt wurden.
  • Maßgeblich verstärkt hat diesen Trend ab 2007 die Einführung des Smartphones. Nutzer*innen hatten jetzt die Möglichkeit, das Web jederzeit und überall zu nutzen. Das einfache Erstellen und Teilen von Content prägen die Entwicklung des Webs und seine Dienste bis heute. Das Smartphone führte aber nicht nur zu einem neuen Verhalten der Anwender*innen, vielmehr lieferte es den Anbietern von Web-Inhalten und -Diensten eine völlig neue Art und Menge an Nutzerdaten.

Ab diesem Zeitpunkt hatten die sich jetzt rasant entwickelnden Plattformen nicht mehr in erster Linie ihre Profitabilität im Fokus, sondern setzten alles auf eine möglichst schnell wachsende Nutzerbasis. War diese dann vorhanden, wurde mit der Vermarktung der Reichweite – oder dem Verkauf von Daten – das Geschäftsmodell (re)finanziert.

Vergleich der Webs

Hier liegen die Wurzeln der Ideologie des Web3

Die populärsten Dienste im Internet konzentrierten sich auf immer weniger und immer größer werdende Unternehmen und statteten diese mit der Macht aus, Inhalte und damit auch die Meinungsbildung im Internet im Alleingang zu bestimmen.

Das Geschäft mit der Generierung und der Vermarktung von Nutzerdaten wurde immer aggressiver, um die hoch gesteckten Umsatzziele jedes Jahr erneut zu erreichen oder zu übertreffen. Dabei ist den Nutzer*innen nur selten bewusst, wer welche Daten über sie besitzt, was damit gemacht wird und wo sich diese Daten befinden.

Das Web3 will diese Entwicklung wieder korrigieren und die Hoheit der Daten an die Nutzer*innen zurückgeben. Mit seiner dezentralen Struktur und den direkt zwischen Nutzer*innen ablaufenden Transaktionen soll das Datenmonopol der Intermediäre aufgelöst und eine Demokratisierung des Web ermöglicht werden.

Merkmale des Web3

Aus diesem Ansatz heraus ergeben sich fünf Merkmale, die allen Varianten des Web3 Konzepts gemein sind:

 

  • Open Source (freie Quelle)
    Das Web3 muss aus quelloffener Software bestehen, die von einer offenen und für alle zugänglichen Gemeinschaft von Entwickler*innen erstellt und nachvollziehbar für alle ausgeführt wird. Damit ist auch eine ebenfalls wichtige Web3-Eigenschaft gegeben: die Interoperabilität. Offene Systeme, Quellcodes und Schnittstellen werden zu gemeinsamen Normen führen, die ein umfassendes Zusammenspiel alle Systeme möglich machen.
  • Trustless (Vertrauenslos)
    Angetrieben von seiner Anti-Establishment-Motivation zielt das Web3 darauf ab, bei Transaktionen den Zwischenhändler zu umgehen. Das wird nur möglich, wenn alle Aktionen direkt zwischen den Nutzer*innen abgewickelt werden können, ohne dass eine dritte Person, wie z.B. eine Bank, eingebunden werden muss.
  • Permissionless (Erlaubnislos)
    Ein demokratisches Web ist nur möglich, wenn alle Anwender*innen gleichberechtigt darauf zugreifen können. Nutzer*innen und Anbieter*innen sollen ohne eine verwaltende, regulierende Organisation Zugang zum Web3 erhalten.
  • Ubiquitous (Allgegenwärtig)
    Jede Person soll die Möglichkeit haben, jederzeit und von überall uneingeschränkt und damit auch kostenlos auf das Web3 zuzugreifen. Diese Freiheit bezieht sich auch auf die Endgeräte, über die aktuell auf das Web zugegriffen wird. Abseits von Computern und Smartphones werden zukünftig weitere Geräte, wie z.B. Smart Glasses oder das Internet of Things (IoT) neue Zugangswege bereitstellen können.
  • Ownership (Eigentum)
    Jede Person soll Besitzer*in der eigenen Daten sein und diese plattformübergreifend mitnehmen können. Dieses Eigentum bezieht sich auf einfache Daten (Nutzername und andere persönliche Daten) aber auch auf digitale Objekte (Avatare, digitale Assets wie z.B. Kleidungsstücke etc.), die eine Person als NFT besitzt.

Fazit

Das Web3 und seine Leitprinzipien bietet zwar einerseits große Freiheiten, kann selbst aber auch nicht ohne gewisse Regeln existieren. Das Fehlen einer Regulierung durch die bekannten Intermediären soll im Web3 durch Dezentralisierte Autonome Organisationen (DAO) gewährleistet werden, in denen Entscheidungen allein auf Basis eines vorprogrammierten Codes getroffen werden und nur die Nutzer*innen selbst Einfluss auf den Algorithmus nehmen können. Da verschiedene Modelle und Implementierungen von DAOs existieren, können diese Grundsätze im Kontext etwas variieren, ändern aber nichts am Einsatz und Sinn eines DAO.

Web3 trägt somit das Versprechen einer dezentralisierten, fairen und nutzerorientierten digitalen Welt in sich, deren Realisierung jedoch von der gemeinsamen Anstrengung von Entwickler*innen, Unternehmen, Regulierungsbehörden und den Nutzer*innen selbst abhängt.

Autoren

  • Achim Hepp
    Head of Marketing, B1T5.IO
    Lableiter Lab Web3
  • Andreas Günter
    Senior Consultant Mobile Strategy & Projects, Ströer
    Lableiter Lab Immersive Technologies
  • Tobias Flosdorf
    Client Service Director, Mutabor
    Stv. Lableiter Lab Web3

Kontakt

Katharina Jäger
Leiterin Innovation & Technology
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